Alle gängigen Antriebstechniken haben Vor- und Nachteile, die je nach der gestellten Anforderung individuell genutzt werden können. Dabei stößt man mit einer isolierten Betrachtung gerade bei komplexen Projekten schnell an die technologischen Grenzen. Am Beispiel eines umfassenden Kundenprojektes konnten wir zeigen, dass es sich bei der Prozessoptimierung einer hydraulischen Maschine lohnt, technologieübergreifend zu denken. Noch dazu, wenn es sich um einen unserer treuesten und längsten Bestandskunden handelt.
Höhere Kräfte und Genauigkeiten, maximale Energieeffizienz – die Optimierung einer Blasformmaschine als Paradebeispiel für eine kombinierte Antriebslösung.
Optimierung einer Blasformmaschine für Faltenbälge.
Steigende Zuhaltekräfte, schnellere Taktzeiten sowie immer größere und leichtere Produkte – die globale Kunststoffverarbeitung von Automotive Bauteilen stellt immer höhere Anforderungen an die eingesetzte Fertigungstechnologie.
Bereits 1995 beauftragte uns ein marktführender Hersteller von Blasformmaschinen für Faltenbälge und Stoßdämpferanwendungen mit einem Antriebskonzept für eine Anlagentype. Genau 20 Jahre später erfolgte nun die Optimierung des eingesetzten Hydrauliksystems. Aufgrund der, verglichen mit heutigen Standards, schlechteren Energiebilanz und den neuen Vorgaben zur Wandstärkensteuerung sollte die Maschine nicht mehr hydraulisch, sondern elektrisch betrieben werden. Damit verbundene Nachteile wie ein zu großer Bauraum oder die höheren Kosten führten schnell zu einer umfassenden Betrachtung in alle Richtungen. Hier konnten wir den Kunden überzeugen, von einer reinen elektromechanischen Antriebslösung auf eine Hybridstrategie zu wechseln. Schließlich hat sich die Hydraulik in den letzten Jahren mit effizienten Pumpenantrieben und servohydraulischen Achsen deutlich weiterentwickelt.
Die Verfahrgeschwindigkeit als Schlüssel.
In einem ersten Schritt analysierten wir zunächst die einzelnen Achsen und Bewegungsprofile, da die geforderten Geschwindigkeiten und Genauigkeiten maßgeblich für die Auswahl der geeigneten Antriebstechnologie sind. Im Anschluss erfolgte die antriebstechnische Auslegung der Maschinenachsen und zugehörigen Antriebe.
Bei der Blaseinheit entschieden wir uns aufgrund der hohen Kraftdichte, Verfahrgeschwindigkeiten, Temperaturen und Punktbelastungen für eine elektrohydraulische Lösung. Gerade beim Schließen der Blaseinheit und der Verriegelung über die Rückschlagventile ist die Hydraulik der Elektromechanik deutlich überlegen, da sie vollkommen energielos arbeitet. Der Hydraulikzylinder bleibt über das Rückschlagventil eingespannt – entsprechend könnte die Pumpe sogar komplett abgeschaltet werden. Neben der Blaseinheit sind auch die vier Achsen zum geregelten Ausstoßen des Kunststoffmaterials mit einer intelligenten hydraulischen Antriebseinheit energieeffizient ausgelegt. Eine besondere Herausforderung stellten in diesem Zusammenhang die hohen Umgebungstemperaturen und der Kurzhub von zwei dieser Achsen dar, die wir mittels Sonderdichtungen lösen konnten.
Eine weitere Achse wird über eine elektromechanische Achse verfahren, der Antrieb des Extruders erfolgt elektrisch. Dank ihrer hohen Laufruhe und steifen Konstruktion ist es möglich, außergewöhnliche Positionierungsgenauigkeiten selbst bei hohen Verfahrgeschwindigkeiten zu erzielen.
Als wichtiger Bestandteil des Hydrauliksystems wurde neben den Achsen auch die gesamte Druckerzeugung optimiert. Dabei konnten wir die bisherige Verstellpumpe samt konstantem Elektromotor durch eine Sytronix-Lösung von Bosch Rexroth ersetzen. Die Kombination aus einer Innenzahnradpumpe mit einem Servomotor gewährleistet über den gesamten Lebenszyklus einen geringen Geräuschpegel sowie eine reduzierte Energieaufnahme.
Kundenspezifische Entwicklung gemeinsam mit Bosch Rexroth
In einem durchaus wegweisenden Projekt wurden zahlreiche Bauteile der Maschine optimiert, Querschnitte sowie die Strömungsgeschwindigkeiten in den Rohrleitungen analysiert und Geometrien an den Arbeitsdruck der Pumpe angepasst. Hier bewährte sich der gute, eingespielte Kontakt zu unserem Partner Bosch Rexroth, mit dessen Spezialisten wir während des gesamten Projektes eng zusammenarbeiteten. Komponenten wurden individuell spezifiziert und an die Anwendung angepasst. Um unseren Kunden eine bestmögliche Lösung anzubieten, entwickelte die Fachabteilung von Rexroth einen kompletten Steuerblock mit Ventiltechnik, den es in dieser Form am Markt nicht gibt. Parallel entstand ein neuer Hydrauliktank, in dem ein energieeffizienter Kühler mit einer geringeren, aber bedarfsgerechten Kühlleistung verbaut wurde.
Und das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die neue Blasformmaschine erzeugt größere Kräfte, positioniert noch genauer und reduziert den Energiebedarf des Systems deutlich. Dabei kamen Technologien genau dort zum Einsatz, wo ihre Stärken liegen: die Hydraulik in energieeffizienten Anwendungen mit hoher Kraftdichte und Belastung, die Elektromechanik, wenn es um Präzision und hohe Verfahrgeschwindigkeiten geht.